Grundsätzlich ist die Änderung von Steuerbescheiden zu Gunsten des Steuerpflichtigen nach Ablauf der Einspruchfrist nur sehr eingeschränkt möglich.

So ist z. B. das schlichte Vergessen von steuermindernden Angaben in der Regel als grobes Verschulden des Steuerpflichtigen zu werten, was somit einer Änderung bestandskräftiger Bescheide entgegensteht.

Nunmehr hat der BFH jedoch bei einem Arzt die fehlerhafte (weil doppelte) Erfassung von Einnahmen in den Einkünften aus selbständiger Arbeit und nochmal bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht als grobes Verschulden gewertet.

Im Streitfall habe das vorinstanzliche Finanzgericht den Begriff des „groben Verschuldens“ nach Urteil des BFH unzutreffend ausgelegt, weil es an die Voraussetzungen, unter denen die doppelte Erklärung der Einnahmen als entschuldbar anzusehen ist, zu hohe Anforderungen gestellt hat.

 

Die Annahme des FG, dem Kläger habe sich die doppelte steuerliche Erfassung seiner Einnahmen aus den stationären Wahlleistungen aufdrängen müssen, weil diese bei zutreffender Auslegung der dienstvertraglichen Regelungen nur bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit hätten erfasst werden dürfen, berücksichtigt nicht hinreichend, dass die Frage, ob wahlärztliche Leistungen innerhalb oder außerhalb des Dienstverhältnisses erbracht werden, nur aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls beantwortet werden kann.

Beruht eine fehlerhafte Steuererklärung jedoch, wie das FG angenommen hat, auch auf einem Rechtsirrtum, ist dies dem Steuerpflichtigen i. d. R. nicht als grobes Verschulden anzulasten. Auf einen die grobe Fahrlässigkeit ausschließenden, entschuldbaren Rechtsirrtum kann sich der Steuerpflichtige regelmäßig nur dann nicht berufen, wenn er eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene und für ihn verständliche Frage bewusst nicht beantwortet. Ein solcher Fall liegt hier unstreitig nicht vor.

Im Urteilsfall ist der Steuerberater nach Prüfung der Rechtslage zu der Auffassung gelangt, dass die Einnahmen des Klägers aus der Erbringung wahlärztlicher Leistungen zu Einkünften aus selbstständiger Arbeit gehören. Es liegt daher kein grobes Verschulden darin, dass er angesichts der Angabe der gesamten Einnahmen aus der wahlärztlichen Tätigkeit durch die Kläger als Betriebseinnahmen und der Auszahlung der Vergütungen außerhalb der Lohnzahlungen nicht geprüft hat, ob diese Einnahmen vom Arbeitgeber auch noch teilweise oder vollständig der Lohnsteuer unterworfen worden waren.