Kassenbuchführung

  1. Nutzung dieser Checkliste und weitere Informationen zur Kassenführung

Diese Checkliste ist gedacht für Angehörige der steuerberatenden Berufe, die ihre Mandanten im Rahmen von Betriebsprüfungen bei bargeldintensiven Betrieben für Wirtschaftsjahre bzw. Veranlagungszeiträume ab 1.1.2020 entsprechend beraten wollen.

Der Deutsche Fachverband für Kassen- und Abrechnungssystemtechnik e. V. (DFKA) hat darüber hinaus die ab 2020 geltende Rechtslage in einem Fragen- und Antworten-Katalog erläutert und mit einem Glossar der wichtigsten Begriffe versehen. Die Informationen stehen unter www.dfka.net unter „>> Neue gesetzliche Anforderungen für Kassensysteme“ zur Verfügung.

Ein weiterer Katalog mit Fragen und Antworten zur Kassenführung ab 2020 findet sich im Bereich FAQ auf der Homepage des BMF unter www.bundesfinanzministerium.de.

Hinweis: Die Nutzung dieser Checkliste entbindet nicht davon, die handels- und steuerrechtlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten zu beachten. Bei Nutzung der im Folgenden beschriebenen elektronischen Aufzeichnungssysteme ist der Unternehmer verpflichtet, jeden Geschäftsvorfall einzeln zu dokumentieren (Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht). Jeder Geschäftsvorfall muss sich von der Entstehung bis zur Abwicklung in den Kassensystemen wiederfinden lassen.

  1. Rechtlicher und technischer Hintergrund
  2. Steuerrechtliche Grundlagen und wichtige Verwaltungsvorschriften

Den rechtlichen Rahmen bilden die folgenden Gesetzesnormen:

  • 145 AO: Allgemeine Anforderungen an Buchführung und Aufzeichnungen.
  • 146 AO: Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen.
  • 146a AO: Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen mittels elektronischer Aufzeichnungssysteme.
  • 147 AO: Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung von Unterlagen.
  • Verordnung zur Bestimmung der technischen Anforderungen an elektronische Aufzeichnungs- und Sicherungssysteme im Geschäftsverkehr (Kassensicherungsverordnung – KassenSichV).

In den folgenden BMF-Schreiben wird die Auslegung dieser Vorschriften erläutert:

  • Kassenrichtlinie 2010: BMF, Schreiben v. 26.11.2010 – IV A 4 – S 0316/08/10004-07, BStBl 2010 I S. 1342 KAAAD-56752.
  • Anwendungserlass zu § 146 AO: BMF, Schreiben v. 19.6.2018 – IV A 4 – S 0316/13/10005 :53, BStBl 2018 I S. 706 KAAAG-87345.
  • Anwendungserlass zu § 146a AO: BMF, Schreiben v. 17.6.2019 – IV A 4 – S 0316-a/18/10001, BStBl 2019 I S. 518 GAAAH-21300.
  • Nichtbeanstandungsregelung bis 30.9.2020: BMF, Schreiben v. 6.11.2019 – IV A 4 – S 0319/19/10002 :001, BStBl 2019 I S. 1010 LAAAH-34462.
  • Neufassung der GoBD: BMF, Schreiben v. 28.11.2019 – IV A 4 – S 0316/19/10003 :001 TAAAH-23416.
  1. Elektronische Aufzeichnungssysteme

Diese Checkliste kann für sämtliche elektronischen Aufzeichnungssysteme mit Kassenfunktion genutzt werden.

Hinweis: Ein elektronisches Aufzeichnungssystem ist die zur elektronischen Datenverarbeitung eingesetzte Hard- und Software, die elektronische Aufzeichnungen zur Dokumentation von Geschäftsvorfällen und somit Grundaufzeichnungen erstellt.

In der Praxis der bargeldintensiven Unternehmen gehören dazu insbesondere (beispielhafte Aufzählung):

  • elektronische Registrierkassen,
  • PC-Kassen-Systeme,
  • Tablet-/App-Kassen-Systeme,
  • Waagen mit Registrierkassenfunktion.

Hinweis: Diese genannten elektronischen Aufzeichnungssysteme müssen nach dem aktuellen Stand ab dem 1.1.2020 (spätestens jedoch bis zum 30.9.2020) zusätzlich die besonderen Anforderungen des § 146a AO erfüllen (= Pflicht zur Aufzeichnung anderer Vorgänge, Schutz vor Veränderungen durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung).

Im Folgenden wird nur der Begriff „elektronische Aufzeichnungssysteme“ verwendet.

Im Rahmen von Betriebsprüfungen ist von besonderer Bedeutung, dass zu den genannten elektronischen Aufzeichnungssystemen immer die Kasseneinzeldaten in elektronischem Datenformat (z. B. csv.Dateien) zeitnah vorgelegt werden können. Auf Papier ausgedruckte Tagesendsummenbons (frühere Z-Bons) haben schon seit dem 1.1.2017 – mit Wegfall der Härtefallregelung zum 31.12.2016 – nur noch geringe Bedeutung. Sie dienen in der Praxis höchstens noch als Buchungsbeleg für den Steuerberater. Daher besteht diesbezüglich auch eine Aufbewahrungspflicht.

Hinweis: Elektronische Registrierkassen (gilt nicht für PC-Kassen-Systeme oder Tablet-/App-Kassen-Systeme) dürfen bis zum 31.12.2022 weiter genutzt werden, wenn sie nach dem 25.11.2010 und vor dem 1.1.2020 angeschafft wurden, den Anforderungen des BMF-Schreibens vom 26.11.2010 entsprechen und bauartbedingt nicht mit der neuen zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung ausgestattet werden können, so dass sie den Anforderungen des § 146a AO i. d. F. des Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen entsprechen.

  1. Einzelaufzeichnungspflicht

Durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen wurde die Einzelaufzeichnungspflicht erstmalig im Gesetz normiert (§ 146 Abs. 1 Satz 1 AO). Mit BMF-Schreiben vom 19.6.2018[1] stellte die Finanzverwaltung ihre Sicht der Grundsätze der Einzelaufzeichnung vor. Danach ist bei Nutzung elektronischer Aufzeichnungssysteme jeder einzelne Geschäftsvorfall unmittelbar nach seinem Abschluss unveränderbar in den Kasseneinzeldaten aufzuzeichnen. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nicht möglich (§ 146 Abs. 1 Satz 4 AO).

Hinweis: Die Ausnahmeregelung des § 146 Abs. 1 Satz 3 AO findet nur Anwendung bei der Kassenführung mittels offener Ladenkasse.

Jeder einzelne Geschäftsvorfall muss lückenlos überprüfbar sein hinsichtlich

  • seiner Grundlagen,
  • seines Inhalts,
  • seiner Entstehung und Abwicklung,
  • seiner Bedeutung für den Betrieb.

Danach sind die erforderlichen Aufzeichnungen und Buchungen einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen.

Die digitalen Einzeldaten der elektronischen Aufzeichnungssysteme sind Grundaufzeichnungen. Diese müssen so beschaffen sein, dass sie eindeutig in ihre Einzelpositionen aufgegliedert werden können. Eine progressive und retrograde Prüfbarkeit muss gewährleistet sein. Für die Praxis der Kassenprogrammierung bedeutet dies eine artikelgenaue Programmierung. Nur in Ausnahmefällen ist eine Warengruppenprogrammierung zulässig.

Hinweis: Warengruppenprogrammierungen sind nur dann zulässig, wenn sich der Art nach gleiche Waren mit demselben Einzelverkaufspreis zu einer Warengruppe zusammenfassen lassen.

Aufzuzeichnen sind:

  • Name, Firma, Anschrift des Verkäufers,
  • Name, Firma, Anschrift des Käufers,
  • der verkaufte, eindeutig bezeichnete Artikel,
  • der endgültige Einzelverkaufspreis,
  • der dazugehörige Umsatzsteuersatz und
    -betrag,
  • vereinbarte Preisminderungen,
  • die Zahlungsart (bar und unbar getrennt),
  • das Datum und der Zeitpunkt des Umsatzes,
  • die verkaufte Menge bzw. Anzahl.

Hinweis: Hinsichtlich der Kundendaten (Name, Firma, Anschrift des Käufers) gilt, dass diese nicht aufzuzeichnen sind, wenn

  • diese zur Nachvollziehbarkeit der Geschäftsvorfälle nicht benötigt werden oder
  • das elektronische Aufzeichnungssystem zwar eine Kundenerfassung zulässt, diese Kundendaten aber tatsächlich nicht geführt oder nur teilweise geführt werden.

Werden Kundendaten aber tatsächlich geführt, sind sie aufbewahrungspflichtig, sofern dem nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen.

Apotheker, Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, etc. und andere Geheimnisträger müssen darauf achten, dass die personenbezogenen Daten bei einer Einsichtnahme durch die Finanzbehörden geschützt bleiben.

Grundsätzlich sind die elektronischen Aufzeichnungssysteme im Sinne dieser Checkliste in der Lage, Einzelaufzeichnungen vorzunehmen. Die Unternehmer bzw. Unternehmerinnen (Steuerpflichtigen) müssen selbst dafür sorgen, dass die Daten ordnungsgemäß und unveränderbar aufbewahrt bzw. archiviert werden.

Zum Grundsatz der Einzelaufzeichnung gehört auch, dass bare Geschäftsvorfälle von unbaren sauber getrennt werden, d. h. bei Abschluss des jeweiligen Geschäftsvorfalls muss der Zahlungsweg so in den Kasseneinzeldaten dokumentiert werden, wie er tatsächlich stattgefunden hat.

In der Gastronomie kommt es verstärkt zu dem Problem, dass jeder Geschäftsvorfall als „Barumsatz“ erfasst wird. Dies ist eigentlich nicht zulässig und führt im Grundsatz zur falschen Dokumentation des Geschäftsvorfalls (beachte: § 379 Abs. 1 Nr. 3 AO).

Hinweis: In Rz. 55 der GoBD in der Fassung vom 28.11.2019 heißt es jetzt wörtlich: „… Eine kurzzeitige gemeinsame Erfassung von baren und unbaren Tagesgeschäften im Kassenbuch ist regelmäßig nicht zu beanstanden, wenn die ursprünglich im Kassenbuch erfassten unbaren Tagesumsätze (z. B. EC-Kartenumsätze) gesondert kenntlich gemacht sind und nachvollziehbar unmittelbar nachfolgend wieder aus dem Kassenbuch auf ein gesondertes Konto aus- bzw. umgetragen werden, soweit die Kassensturzfähigkeit der Kasse weiterhin gegeben ist.“

III. Funktionsweise elektronischer Aufzeichnungssysteme

Zum besseren Verständnis soll kurz beschrieben werden, wie die elektronischen Aufzeichnungssysteme im Sinne dieser Checkliste in der Praxis genutzt werden:

Bei elektronischen Aufzeichnungssystemen handelt es sich überwiegend um Datenbankmanagementsysteme (MSSQL, MySQL, SQlite (App-Kassen), PostgreSGL, dBase, Intebase, Access, u. v. m.) oder herstellerspezifische Datenbanksysteme, die mittels einer integrierten oder zusätzlichen graphischen Bedieneroberfläche das Einstellen und Abrufen von Daten verschiedener Datenbanktabellen einer Datenbank ermöglichen.

Einheitliche Prozesse der Datenablage und Datenabrufe werden durch entsprechend programmierte „System“-Prozeduren (= zusammengefasste, häufig verwendete Abläufe, die sonst durch viele einzelne Befehle vom Client ausgeführt werden müssten) gesteuert. Die Komplexität der elektronischen Aufzeichnungssysteme und was mit den in diesen Datenbanksystemen abgelegten Daten passiert, sind dem Steuerpflichtigen, der diese nutzt, i. d. R. nicht bekannt; sie verlassen sich insoweit auf den Kassenhersteller, ihren Kassenaufsteller, Systemadministrator bzw. auch auf ihren Steuerberater.

Bei Fragen der Finanzbehörden zu dem jeweiligen System sollte sich der Steuerpflichtige an den Hersteller bzw. Aufsteller wenden, insbesondere wenn die Finanzbehörden Fragen zur Anwenderdokumentation bzw. zur technischen Systemdokumentation haben. In allen Fällen muss eine aussagefähige Verfahrensdokumentation vorgelegt werden.

Elektronische Aufzeichnungssysteme dienen zur Erfassung und Abrechnung der Geschäftsvorfälle mit dem Endkunden bzw. in der Gastronomie mit dem Gast. Die artikelgenaue Erfassung (= Einzeldatenspeicherung) erfolgt z. B. über externe Mobiles, Handys, Orderman, Touchscreens, Scanner oder andere stationäre und mobile Erfassungsgeräte. Die Einzeldaten werden abgelegt in Datenbanktabellen; gesteuert wird das ganze System über „System“-Prozeduren.

Hinweis: Hersteller von elektronischen Aufzeichnungssystemen werben vielfach mit dem Hinweis „GoBD-konform“. Hierbei handelt es sich nicht um ein Gütesiegel, das von den Finanzbehörden vergeben wird.

Vielmehr wird damit nur gesagt, dass die Kasseneinzeldaten entsprechend dem Beschreibungsstandard, den das BMF gemeinsam mit der Firma
AUDICON entwickelt hat, exportiert werden. Die Qualität der Daten bleibt davon unberührt. Die Finanzverwaltung erkennt solche Zertifikate auch nicht an.

 

  1. Verfahrensdokumentation

Wegen der Komplexität der elektronischen Aufzeichnungssysteme ist es dringend erforderlich, eine aussagefähige Verfahrensdokumentation zu erstellen und im Rahmen von Prüfungen bzw. Kassen-Nachschauen vorlegen zu können. Diese dient den Prüferinnen und Prüfern der Finanzbehörden zur progressiven und retrograden Prüfung der Buchführung der Steuerpflichtigen.

Eine aussagefähige Verfahrensdokumentation sollte folgende betrieblichen Bereiche beinhalten:

  • Allgemeine Betriebsbeschreibung,
  • Anwenderdokumentation,
  • Betriebsdokumentation,
  • Technische Systemdokumentation.

Hinweis: Eine Muster-Verfahrensdokumentation zur ordnungsmäßigen Kassenführung finden Sie beim Deutschen Fachverband für Kassen- und Abrechnungssystemtechnik e. V. (DFKA) unter www.dfka.net.

  1. Zertifizierte technische
    Sicherheitseinrichtung (zTSE)

Ab dem 1.1.2020 müssen die genannten elektronischen Aufzeichnungssysteme mit Kassenfunktion über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. Ab diesem Zeitpunkt dürfen auch keine Kassensysteme verkauft werden, in denen eine zTSE nicht eingebaut werden kann.

Da bis zum Ende des Jahres 2019 zTSE am Markt nicht verfügbar sind und nicht mehr damit zu rechnen ist, dass die elektronischen Aufzeichnungssysteme mit einer zTSE ausgestattet werden können, hat das BMF reagiert und am 6.11.2019[2] eine Nichtbeanstandungsregelung bekannt gegeben: Danach wird die Finanzverwaltung bei späteren Prüfungen für den Zeitraum 1.1.2020 bis 30.9.2020 keine negativen Konsequenzen daraus ziehen, dass die Steuerpflichtigen in den elektronischen Aufzeichnungssystemen noch keine zTSE eingebaut haben. Die Bestandteile der zTSE (Details finden Sie unter www.bsi.de oder unter www.dfka.net) sind das Sicherheitsmodul, das Speichermodul und die Digitale Schnittstelle.

[1] BMF, Schreiben v. 19.6.2018 – IV A 4 – S 0316/13/10005 :053, BStBl 2018 I S. 706 KAAAG-87345.

[2]BMF, Schreiben v. 6.11.2019 – IV A 4 – S 0319/19/10002 :001, BStBl 2019 I S. 1010 LAAAH-34462.

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